© Greenpeace activists from the Netherlands, Germany and Denmark boarded two oil platforms in Shell’s Brent field in a peaceful protest against plans by the company to leave parts of old oil structures with 11,000 tons of oil in the North Sea. (c) Marten van Dijl
© Climbers, supported by the Greenpeace ship Rainbow Warrior, scaled Brent Alpha and Bravo and hung banners saying, ‘Shell, clean up your mess!’ and ‘Stop Ocean Pollution’. (c) Marten van Dijl
© Climbers, supported by the Greenpeace ship Rainbow Warrior, scaled Brent Alpha and Bravo and hung banners saying, ‘Shell, clean up your mess!’ and ‘Stop Ocean Pollution’ and ‘Shell, the Ocean is not your dump’. (c) Marten van Dijl
© Greenpeace activists from the Netherlands, Germany and Denmark boarded two oil platforms in Shell’s Brent field in a peaceful protest against plans by the company to leave parts of old oil structures with 11,000 tons of oil in the North Sea. (c) Marten van Dijl
© Greenpeace's second occupation of Shell's disused oil installation Brent Spar in 2 months. (Greenpeace 30th Anniversary Images) (c) David Sims.
© Dr. Christian Bussau onboard ARCTIC SUNRISE, North Sea. 1996 (c) Fred Dott
© Christian Bussau, Head of the Task Force Team Greenpeace Germany e.V. (c) Axel Kirchhof
Das Meer ist nicht deine Müllhalde - Wachsender Widerstand gegen die Entsorgung von Plattformen in Großbritannien
October 18, 2019
OSPAR trifft sich - Wachsender Widerstand gegen britische Plattformentsorgung
"Shell - The sea is not your dump"
Nahezu unbemerkt von den "großen" Nachrichten findet derzeit in der Nordsee nordöstlich der Shetland-Inseln und nur 200 Kilometer vor der norwegischen Küste ein Spektakel statt. Das Greenpeace-Schiff "Rainbow Warrior" mit Aktivisten ist in der rauen Nordsee unterwegs. Seit Montagmorgen demonstrieren sie im Brent-Ölfeld, indem sie auf zwei der vier Plattformen in der nördlichen Nordsee geklettert sind und auf Brent "Alpha" und Brent "Bravo" Transparente mit dem Slogan: "Shell - Das Meer ist nicht eure Müllhalde!" angebracht haben.
Grenpeace weist auf das hin, was heute Morgen in London kontrovers diskutiert wurde, aber längst beschlossen ist: Das ausgebeutete Brent-Ölfeld - seit 1976 vom britischen Ölgiganten Shell ausgebeutet - soll nicht, wie in den internationalen Vorschriften vorgesehen, komplett abgebaut, sondern teilweise so belassen werden, wie es ist. Gegen diese drohende Entscheidung regt sich internationaler Widerstand, der sich nach dem Brexit-Theater langsam zu einem zweiten kritischen Thema zwischen Großbritannien und zahlreichen EU-Staaten entwickelt. Das Brent-Ölfeld im Herzen der Nordsee ist erschöpft, gilt als vollständig ausgebeutet und lässt keine wirtschaftlich sinnvolle Ölförderung mehr zu.
Aber anstatt die seit Jahrzehnten mit Milliardengewinnen betriebenen Ölfelder abzubauen und umweltgerecht zu entsorgen, bereitet sich der britische Shell-Konzern darauf vor, mit einer Ausnahmeregelung der britischen Regierung Teile der Förderanlagen in der Nordsee zu belassen. Zwar sollen die Brent-Plattformen "Bravo", "Charlie" und "Delta" über dem Meeresspiegel abgebaut werden, aber die Strukturen unter dem Meeresspiegel, die zurückbleiben sollen, sind eine tickende Zeitbombe für die Umwelt.
Es gibt 42 unter Wasser liegende Öltanks, die etwa 60 Meter hoch sind und laut Shell mehr als 11.000 Tonnen Öl enthalten. Wenn die Tanks und Kammern korrodieren und verrotten, wird diese Menge Öl ins Meer geleitet.
Die Industrie beklagt, dass der Abbau und die Entsorgung dieser Hinterlassenschaft technisch sehr kompliziert und teuer ist. Dr. Christian Bussau von Greenpeace Hamburg ist Meeresbiologe und hat einen Doktortitel in Tiefseebiologie. Er ist Spezialist auf diesem Gebiet und begann seine Karriere als Greenpeace-Aktivist, als er 1995 gegen die Versenkung der Tankplattform "Brent Spar" im Nordatlantik demonstrierte. Der britische Ölkonzern beabsichtigte, seinen "Schrott" in 2000 Metern Wassertiefe zu entsorgen. Immerhin wurde der Ölkonzern erfolgreich dazu gezwungen, die "Brent Spar" ordnungsgemäß zu entsorgen.
Fast genau 25 Jahre später ist Dr. Bussau wieder im Nordatlantik: Bussau lässt die Ausreden der multinationalen Konzerne nicht gelten: "Der Shell-Konzern beherrscht die Förderung von Offshore-Öl mit hoher Präzision und unter härtesten Bedingungen wie kein anderer Ölmulti. Vor diesem Hintergrund ist es wirklich schwer zu glauben, dass die ordnungsgemäße und professionelle Entsorgung dieser Produktionsabfälle Probleme bereiten sollte". Und das ist auch die Meinung der meisten OSPAR-Mitglieder, die in diesem Streit vor allem den Versuch sehen, unbequeme Folgekosten auf die Natur und damit auf die Allgemeinheit abzuwälzen.
Heute trifft sich die OSPAR-Kommission in ihrem Hauptquartier in London und muss eine Dreiviertelmehrheit für die geplanten Ausnahmeregelungen der britischen Regierung erreichen, die im Widerspruch zu den in Oslo und Paris getroffenen Vereinbarungen stehen.
Die Norweger sind nur 200 Kilometer von dem Brent-Ölfeld und den vier zu entsorgenden Plattformen entfernt. Aber auch sie scheinen sich mehr um die Kostenfrage als um die Umweltgefahren zu kümmern, denn sie haben sich jetzt der britischen Haltung angeschlossen. Was nicht verwunderlich ist, denn auch hier geht es offensichtlich nicht in erster Linie um die Gefahren für die Umwelt, sondern um das Problem, dass die Norweger mit ihren eigenen Offshore-Plattformen bald ein ähnliches Problem haben...
Die Bundesrepublik Deutschland ist Mitglied von OSPAR, der Organisation, die für alle Einleitungen, Verklappungen und Versenkungen im Bereich des Nordatlantiks und der Nordsee sowie für das Genehmigungsverfahren usw. für Windparks und Bohrinseln zuständig ist. OSPAR steht für "Oslo" und "Paris", denn in diesen beiden Städten haben sich fast alle europäischen Anrainerstaaten, darunter auch das Vereinigte Königreich, in zwei Konventionen auf einheitliche, strenge Regelungen für die wirtschaftliche Nutzung dieser internationalen Gebiete geeinigt.
Die erwartete Freistellung der britischen Regierung für den hiesigen Ölmulti würde diese die hochkomplexe und kostspielige Entsorgung erleichtern. So tut sich neben dem Brexit ein weiteres Konfliktfeld auf, das die britische Regierung in einen Diskurs mit zahlreichen europäischen Staaten bringt. Das liegt vor allem daran, dass Großbritannien als OSPAR-Mitglied seine Offshore-Industrie angewiesen hat, 35% der berechneten Kosten für die vorgeschriebenen und geplanten Entsorgungen einzusparen. Das kommt nur dadurch zustande, dass das britische Finanzministerium seine Ölindustrie mit nicht unerheblichen Steuervergünstigungen für dieses kostspielige Unterfangen unterstützt.
Deutschland hat bereits offiziell gegen dieses drohende Verfahren protestiert, denn die Gefahren für die Nordsee und die unmittelbaren Anrainer, die in den Industrieresten unter dem Meeresspiegel liegen sollen, sind unkalkulierbar hoch.
Doch anders als vor 25 Jahren bei "Brent Spar" wurde die Öffentlichkeit bisher weitgehend außen vor gelassen. Die Medien diskutieren heute lieber über Twitter-Botschaften von Trump oder konzentrieren sich auf die zahlreichen militärischen Konflikte, sei es militärisch oder wirtschaftlich, an allen Orten der Welt. 11.000 Tonnen Öl, die im Meer bleiben sollten, spielen dabei nur eine untergeordnete Rolle. Brave New World ...
Gastbeitrag - Dr. Christian Bussau
Vor ein paar Stunden saß ich noch in einem Greenpeace-Schlauchboot - mitten im Brent-Ölfeld in der nördlichen Nordsee, um unsere Aktivisten zu unterstützen, die mehr als 24 Stunden lang die beiden Shell-Plattformen Brent Alpha und Brent Bravo besetzt haben. Greenpeace ist dort, um zu verhindern, dass Shell das Meer als Deponie für 11.000 Tonnen Öl missbraucht.
Vor vierundzwanzig Jahren, im Mai 1995, besuchte ich zum ersten Mal das Brent-Ölfeld 190 km nordöstlich der Shetlandinseln. Wir hatten die Plattform Brent Spar besetzt, weil Shell die schrottreife Plattform im Meer versenken wollte. Das Wetter war schlecht, sehr kalt, hohe Wellen und Sturm. Nachts stand ich auf der Hubschrauberplattform der Brent Spar und sah eine Industrielandschaft mitten auf dem Meer: Die hell erleuchteten und wolkenkratzerhohen Ölplattformen, deren gasflackernde Flammen die tief hängenden Wolken rot beleuchteten... Millionen unterstützten unseren Kampf gegen die Versenkung der Brent Spar. Aber es ging um viel mehr: Es ging um den Respekt vor der Natur und darum, Industrie und Politik daran zu hindern, unsere Meere als Mülleimer zu benutzen.
Seit 1995 kämpft Greenpeace für den Schutz der Ozeane und gegen die Ölindustrie. Shell hat seitdem nichts dazugelernt. Kein verantwortungsbewusster Mensch würde seinen Abfall einfach in die Natur kippen, sein Auto im nächsten See versenken oder seine Autobatterie im Garten vergraben. Und doch wollte Shell genau das tun.
24 Jahre später sollen die vier Plattformen des Ölfeldes Brent entsorgt werden. Shell plant, große Teile davon im Meer zu lassen. So sollen 64 gigantische Betonzellen auf dem Meeresboden verrotten. Diese Betonzellen sind 60 Meter hoch, 20 Meter breit, haben 1 Meter dicke Betonwände und ein Fassungsvermögen von 10.000 Kubikmetern. Sie enthalten 640.000 Kubikmeter ölhaltiges Wasser und 40.000 Kubikmeter ölhaltiges Sediment, mit einem Gesamtölgehalt von 11.000 Tonnen Öl.
Seit mehr als 20 Jahren versucht Shell, Schrott und Öl in der Natur zu entsorgen, manchmal soll eine ganze Plattform versenkt werden, manchmal bleiben 11.000 Tonnen Öl im Meer. Und die Politik, die britische Regierung, sieht und unterstützt das. Bei Brent Spar und jetzt beim OSPAR-Treffen (Oslo-Paris-Kommission zum Schutz des Nordostatlantiks).
Lernen wir denn gar nichts? Was muss noch passieren, damit wir aufwachen und lernen, die Natur zu respektieren? Wir müssen unsere Natur schützen, sie ist unsere Lebensgrundlage. Die "Fridays for Future"-Bewegung zeigt Schülerinnen und Schüler, die jetzt aufstehen und das Recht auf eine lebenswerte Zukunft einfordern. Ohne Umweltschutz, Klimaschutz, Meeresschutz wird es eine solche Zukunft nicht geben.
Ölkonzerne wie Shell sind mit ihrem Geschäftsmodell für die Meeresverschmutzung verantwortlich. Das ist nicht länger hinnehmbar. Shell und die Ölindustrie haben keine Zukunft verdient. Stattdessen gehört die Zukunft den Unternehmen, die Verantwortung für die Erde und unsere Zukunft übernehmen.