Forscher wollen das Leben unter Hunderten von Metern Eis erforschen

Antarktis-Expedition zum Larsen C-Schelfeis und Eisberg A68

Ein internationales Forschungsteam unter Leitung des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) wird am 9. Februar 2019 in Punta Arenas (Chile) mit dem Forschungseisbrecher Polarstern zu einer neunwöchigen Expedition in die Antarktis aufbrechen, um ein bisher unter dem Schelfeis verborgenes marines Ökosystem zu erkunden.

Der Eisberg namens A68, der fast siebenmal so groß ist wie Berlin, kalbte im Juli 2017 vom antarktischen Larsen-Schelfeis. Jetzt planen Forscherinnen und Forscher, in die Region zu reisen, um Proben vom Meeresboden zu nehmen. Durch den Abbruch des riesigen Eisbergs wurde eine Fläche von etwa 5.800 Quadratkilometern von der hunderte Meter dicken Eisschicht befreit. Zwei Expeditionen hatten vergeblich versucht, das Gebiet zu erreichen. Die Mission ist eilig: Das Ökosystem, das wahrscheinlich seit mehreren tausend Jahren vom Eis bedeckt ist, könnte sich mit den neuen Lichtverhältnissen rapide verändern.

Das AWI-geführte Team wird am 9. Februar 2019 in Punta Arenas, Chile, mit dem Forschungseisbrecher Polarstern zu einer neunwöchigen Antarktisexpedition aufbrechen. Der Einsatz von Satellitenbildern unterstützt die Meereisnavigation, um die abgelegene Region des Larsen-C-Schelfeisgebiets östlich der Antarktischen Halbinsel zu erreichen.

"Die Expedition zum Larsen-C-Schelfeis ist eine einzigartige Gelegenheit, in dieser vom Klimawandel betroffenen Region interdisziplinäre Forschung zu betreiben", sagt der wissenschaftliche Leiter der Expedition Boris Dorschel. "Larsen-C liegt sehr weit im Süden und selbst in Zeiten minimaler Meereisbedeckung in der Antarktis gibt es dort viel Eis. Jetzt dorthin zu gelangen, ist sehr wichtig, weil wir hoffen, einen Einblick in die kürzlich befreite Welt zu bekommen". Unterstützt werden die Wissenschaftler durch hochauflösende Satellitendaten und die Eisdetektion mit den Bordhubschraubern der Polarstern.

"Das Kalben von A68 ist eine einmalige Gelegenheit, das Meeresleben zu studieren, das mit dramatischen Umweltveränderungen konfrontiert ist. A68 ist einer der größten jemals aufgezeichneten Eisberge und gibt uns die außergewöhnliche Chance, eine Welt zu erforschen, über die wir so gut wie nichts wissen und die normalerweise unter Hunderten von Metern Eis verborgen ist", sagt Meeresbiologe Dr. Huw Griffiths vom British Antarctic Survey (BAS). Er leitet eines der Forschungsprojekte zur Biologie des Meeresbodens. "Diese Umgebung ist seit Tausenden von Jahren ohne Sonnenlicht und beherbergt wahrscheinlich eine speziell angepasste Gemeinschaft von Tieren, die mit sehr wenig Nahrung auskommen können. Das Abbrechen dieses riesigen Eisbergs wird einen ähnlichen Effekt haben wie das plötzliche Abnehmen des Daches einer Höhle. Zum ersten Mal seit Tausenden von Jahren können mikroskopisch kleine Pflanzen an der Oberfläche blühen, was die Nahrungskette verändert und es anderen Arten ermöglicht, sich anzusiedeln und die Oberhand zu gewinnen", erklärt Huw Griffiths.

Das Expeditionsteam wird Tiere, Mikroorganismen, Plankton, Meeressedimente und Wasserproben untersuchen. Zum Einsatz kommen verschiedene Geräte wie UW-Videokameras und ein Schlitten, der kleine Tiere auf dem Meeresboden sammelt. Mit Sonarsystemen wird der Meeresboden im Detail vermessen.