Steinkorallen: Die Grenzen der Anpassung

Neue Studie zum Korallenwachstum in Zeiten des Klimawandels

Korallen sind seit Millionen von Jahren Baumeister der Meere. Mit ihren Kalkskeletten schaffen sie vielfältige Riffstrukturen. Es ist bekannt, dass die Versauerung der Meere, die mit dem fortschreitenden Klimawandel zunimmt, das Wachstum der Korallen zunehmend beeinträchtigt. Die Frage, ob und wie sich Korallen an die Veränderungen anpassen können, haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nun zum Teil beantwortet und wichtige weitere Erkenntnisse über die Regulationsprozesse der Kalkbildung gewonnen.

Korallen faszinieren: kleine Polypen, die im Laufe ihres Lebens Kalk aus dem Meerwasser gewinnen und ihre manchmal gigantischen Skelette aufbauen. Doch der Klimawandel mit seinen steigenden Wassertemperaturen und der Versauerung der Ozeane verändert das Leben der Korallen in einem noch nie dagewesenen Tempo. Ob sie mit diesen Veränderungen Schritt halten und sich anpassen können, ist eine offene Frage. Jetzt liefern Forscher/innen des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel und der University of California einen Teil der Antwort mit einer Studie über Porites astreoides Steinkorallen, die natürlich bei niedrigem pH-Wert und hohem Gehalt an gelöstem Kohlenstoff leben. Die Ergebnisse wurden jetzt in der internationalen Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.

Korallen haben in Millionen von Jahren erhebliche Umweltveränderungen erlebt und bewältigt. Ihre Skelette sind, wie die Jahresringe der Bäume, ein ökologisches Archiv, das Forschern Einblicke in vergangene Zeiten ermöglicht. Aus den kleinsten Unterschieden in der chemischen Zusammensetzung von Korallenskeletten lassen sich Rückschlüsse auf früher vorherrschende Umweltbedingungen ziehen. Viele Details über die Steuerungsprozesse des Skelettaufbaus von Korallen sind jedoch noch offen.

Um mehr über diese Prozesse zu erfahren, nutzten die Forscher ein natürliches Labor vor der mexikanischen Ostküste. Aus fast kreisrunden Löchern im Meeresboden, sogenannten Ojos, tritt dort Grundwasser aus. Dieses hat sich zuvor im Untergrund der Halbinsel Yucatan in Kalk aufgelöst. Es ist im Vergleich zum normalen Meerwasser saurer, enthält aber mehr gelösten Kohlenstoff und ähnelt damit dem Meerwasser der Zukunft.

Trotz dieser ungünstigen Bedingungen hat sich hier die Steinkoralle Porites astreoides angesiedelt. Sie wächst langsamer als ihre Verwandten außerhalb der Ojos. "Anders als Korallen, die in Laborexperimenten nur wenige Wochen bis Monate einer solch sauren Umgebung ausgesetzt sind, leben die Korallen, die wir untersuchen, von Anfang an unter solchen Bedingungen", sagt Prof. Dr. med. Adina Paytan von der University of California Santa Cruz, Mitautorin der Studie.

Für die Studie wurden Proben von Korallen genommen, die in unterschiedlichen Entfernungen von den Ojos leben. So konnten die Forscher Korallen derselben Art bei unterschiedlichen Veränderungen der Meerwasserzusammensetzung untersuchen.

Aus früheren Studien ist bekannt, dass das Verhältnis von Bor- und Kohlenstoffisotopen im Korallenkalk Auskunft über die chemischen Eigenschaften der kalkbildenden Flüssigkeit zum Zeitpunkt der Skelettbildung gibt.

Die Untersuchungen ergaben eine nahezu konstante chemische Zusammensetzung aller Proben. "Daraus können wir schließen, dass jeder Skelettpolyp eine kalkbildende Flüssigkeit produziert, die weitgehend unabhängig von den umgebenden Meerwasserbedingungen ist", erklärt GEOMAR-Meeresbiologin Dr.-Ing. Marlene Wall, Erstautorin der Studie, "aber selbst kleine Veränderungen der beiden untersuchten Parameter können sich auf die Kalkbildung auswirken." Die Modellierung des Korallenwachstums auf der Grundlage chemischer Daten spiegelt den in der Praxis gemessenen Rückgang des Wachstums wider. In einer Umgebung mit niedrigerem pH-Wert müssen sich die Korallen auf den Ojos mehr anstrengen, um ihren pH-Wert auf den beobachteten Wert anzuheben. Dieser Prozess kostet sie wahrscheinlich mehr Energie.

Da die Korallen ihre Energiereserven auf viele wichtige Funktionen wie Nahrungserwerb, Verdauung oder Krankheitsabwehr verteilen müssen, wachsen sie insgesamt langsamer. Andere Einflüsse, wie die Kalziumkonzentration in der kalkbildenden Flüssigkeit oder die Rolle der Korallensymbionten, bieten noch Potenzial für weitere Forschungen. "Die Studie hat auch gezeigt, dass wir noch nicht alle Zusammenhänge zwischen den Veränderungen im Meerwasser und dem Korallenwachstum verstehen", fasst Dr. Wall zusammen.