Ist "Meeresrauschen" für langfristige Vorhersagen notwendig?

Die täglichen Schwankungen der Meeresoberflächentemperatur in den mittleren Breiten beeinflussen die langfristige Variabilität in der Atmosphäre. Der Zustand der Ozeane hat also einen Einfluss auf das zukünftige Verhalten des Weltklimas. Das ist das Ergebnis einer Studie von Meereswissenschaftlern, die kürzlich in der internationalen Fachzeitschrift Geophysical Research Letters veröffentlicht wurde.
Interaktionen zwischen dem Ozean und der Atmosphäre führen zu Klimaschwankungen auf sehr unterschiedlichen Zeitskalen, bis hin zu Jahrzehnten oder Jahrhunderten. Es ist jedoch noch unklar, inwieweit die kurzfristigen, täglichen Schwankungen in den Ozeanen einen signifikanten Einfluss auf die Atmosphäre ausüben; dies ist jedoch etwas, das bei der Erstellung von Vorhersagen für langfristige Klimaschwankungen berücksichtigt werden muss.
Eine neue Studie unter Leitung von Wissenschaftlern des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel zeigt, dass auf einer dekadischen Zeitskala die täglichen Schwankungen der Meeresoberflächentemperatur einen Einfluss auf die langfristigen Reaktionen der Atmosphäre haben. Daher ist die Simulation ozeanischer Schwankungen mit hoher zeitlicher und räumlicher Variabilität ein wichtiger Bestandteil der Konzeption längerfristiger Klimavorhersagen auf solchen Zeitskalen.
Klimamodelle werden so konzipiert, dass sie langfristig relevant bleiben. Das ist nur mit Hochleistungsrechnern möglich. Es erfordert auch Vereinfachungen, zum Beispiel im Vergleich zu den Modellen, die für Wettervorhersagen verwendet werden. Das gilt auch für kurzfristige Schwankungen, das "Ozeanwetter", das von vielen Ozeanmodellen nicht simuliert wird. Die Forscher haben nun untersucht, welche Rolle dieses "Ozeanwetter" für die Atmosphäre über dem Nordpazifik spielt.
"Unsere Simulationen haben gezeigt, dass die täglichen Schwankungen der Meeresoberflächentemperatur, die oft als unbedeutend angesehen wurden, in der Lage sind, die langfristigen zeitlichen Schwankungen im Bereich des Nordpazifiks zu beeinflussen", sagt Prof. Dr. Mojib Latif, Mitautor der Studie und Leiter der GEOMAR-Forschungsabteilung Ozeanzirkulation und Klimadynamik.
Er beschrieb das "Meeresrauschen" als eine Art Katalysator, wobei die Atmosphäre die langsamen, dekadischen Schwankungen der Meeresoberflächentemperatur nur dann "spürt", wenn sie auch die schnellen ozeanischen Veränderungen wahrnimmt.
Die täglichen Schwankungen im Ozean beeinflussen vor allem die Tiefdrucksysteme. "Die Tiefs sind in gewisser Weise der "Übersetzer" zwischen den langsamen Veränderungen in den Ozeanen und der darüber liegenden Atmosphäre", sagt Latif.
"Jetzt ist es wichtig herauszufinden, ob sich dieses Ergebnis auch auf andere Ozeangebiete wie den Nordatlantik übertragen lässt", fuhr er fort. Außerdem hofft er, andere Forschungsgruppen zu motivieren, ähnliche Simulationen durchzuführen.