Kiemennetze gefährden Schweinswale in der Ostsee

Experten fordern strengen Schutz

Der Schutzstatus des inneren Ostseeschweinswals wurde kürzlich nicht in die Liste der wandernden Arten auf höchster Ebene in Anhang I des Übereinkommens zur Erhaltung der wandernden Arten (CMS) aufgenommen; trotz einer Forderung der Whale and Dolphin Conservation Society (WDC) und der Coalition Clean Baltic (CCB). Der Grund dafür ist, dass der Ostseeschweinswal keine eigenständige Art ist und daher vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) nicht als besonders schützenswert eingestuft wird.

Im Gegensatz dazu stuft die Internationale Naturschutzkommission (IUCN) die Ostseeschweinswale als Teilpopulation auf der Roten Liste als besonders schützenswert und mit etwa 500 verbliebenen Tieren als vom Aussterben bedroht ein. Die Eigenständigkeit der Schweinswalpopulation der inneren Ostsee wird durch aktuelle genetische Untersuchungen der Universität Potsdam eindeutig belegt.

"Wenn diese Schweinswale aus der inneren Ostsee verschwunden sind, sind sie für immer weg. Sie werden nicht durch Schweinswale in der westlichen Ostsee ersetzt werden", sagt Dr. Harald Benke, Direktor und Walforscher des Deutschen Schifffahrtsmuseums in Stralsund. Derzeit gibt es keine wissenschaftlich gesicherten Ergebnisse, die darauf hindeuten, dass sich die Schweinswalpopulation der inneren Ostsee positiv entwickelt. Ein Netzwerk internationaler Wissenschaftler hat unter Beteiligung des Deutschen Schifffahrtsmuseums gezeigt, dass ein Schutz jetzt notwendig und umfassend ist.

"Die Internationale Walfangkommission (IWC), das weltweit größte Walschutz- und Managementorgan, fordert seit Jahren die Umsetzung des Jastarnia-Plans zum Schutz des Ostseeschweinswals, der insbesondere darauf abzielt, den Beifang auf null Tiere zu reduzieren" erklärt Helena Herr vom Zentrum für Naturkunde der Universität Hamburg.

"Die Schweinswale der inneren Ostsee müssen aufgrund des Vorsorgeprinzips vor dem Aussterben bewahrt werden," sagt Meike Scheidat von Wageningen Marine Research in den Niederlanden.

Für Schweinswale sind vor allem Stellnetze eine große Gefahr, in denen sich die Tiere verfangen und ertrinken. Die derzeit vorgeschlagenen Schutzmaßnahmen sind höchst fragwürdig, wie Michael Dähne, Kurator für Meeressäuger des Deutschen Schifffahrtsmuseums, erklärt: "Das BMEL empfiehlt den Einsatz von Warnvorrichtungen an diesen Netzen. Diese wurden in der inneren Ostsee nie ausprobiert. Und wegen des drohenden Aussterbens der Schweinswale in der Ostsee können sie dort auch nicht getestet werden. Diese Methode hilft weder den Fischern noch den Schweinswalen"

Was wir brauchen, ist die Entwicklung von Fangmethoden mit geringem bis gar keinem Beifang und die anschließende Förderung solcher Fanggeräte. "Die Fischer brauchen eine klare Botschaft des Ministeriums, dass sie Unterstützung bekommen. Es geht darum, Lösungen für die Zukunft zu schaffen, die das Überleben der Küstenfischer sichern", sagt Dr. Harald Benke. Für die Ostseepopulation ist das 2002 vereinbarte Abkommen zum Schutz der Kleinfischerei ASCOBANS (CMS) folgender Grundsatz am wichtigsten: Schon ein einziger Beifang gefährdet die Population und muss daher vermieden werden. "Die klare Aussage des Ministeriums, dass der Schutz der lokalen Küstenfischerei über dem Schutz einer CMS-geschützten Art und einer gefährdeten Teilpopulation steht, ist ein direkter Verstoß gegen die internationalen Verpflichtungen Deutschlands", sagte Dr. Michael Dähne. "Stattdessen müssen wir gemeinsam daran arbeiten, das Risiko von Kiemennetzen für Schweinswale zu verringern, und dazu sind wir bereit."

Mehr Informationen:
Deutsches Meeresmuseum
Schutzgebiet für Schweinswale